Verstärkung des Block 34 des Münchner Altstadtringtunnels erhält Auszeichnung beim Deutschen Ingenieurbaupreis 2022
Mit großer Freude dürfen wir mitteilen, dass das von uns geplante und während der Bauzeit intensiv betreute Verstärkungsprojekt des Blocks 34 des Münchner Altstadtringtunnels beim Deutschen Ingenieurbaupreis, der als Staatspreis der bedeutendste Preis für Bauingenieurinnen und -ingenieure in Deutschland ist, mit einer Auszeichnung prämiert wurde. Wir möchten an dieser Stelle auch allen Projektpartner recht herzlich gratulieren und uns für die hervorragende Zusammenarbeit bedanken!
Fotos: BBR / John M. John, Fotografie, Düsseldorf
Der Altstadtringtunnel ist Teil des innersten Verkehrsrings in München und die wichtigste West-Ost-Verbindung im Zentrum von München. Der Tunnel wurde in den späten 1960er Jahren errichtet und anlässlich der Olympischen Spiele 1972 für den Verkehr freigegeben. Heute stellt der Altstadtringtunnel mit einer durchschnittlichen, täglichen Verkehrsbelastung ca. 60 000 Fahrzeugen eine Hauptverkehrsader von München dar. Eine Teil- oder Totalsperrung würde eine massive verkehrstechnische Beeinträchtigung für das gesamte Innenstadtgebiet bedeuten.
Eine Besonderheit des Altstadtringtunnels stellt der Tunnelblock 34 dar, welcher nachträglich direkt unter dem Prinz-Carl-Palais errichtet wurde. Das historische Palais, welches lange als Amtssitz des bayerischen Ministerpräsidenten diente, wurde 1806 errichtet. Deshalb musste der Tunnel in diesem Bereich aufwändig nachträglich unter dem Gebäude errichtet werden. Dafür wurde im vorhandenen Kellergeschoß des Gebäudes eine Hilfskonstruktion errichtet und anschließend wurden insgesamt 15 Spannbetonträger mit einer Höhe von 3,5 m abschnittsweise als Tunneldecke erstellt. Für die Vorspannung der Tunneldecke wurde ein Spannsystem mit vergüteten Spannstählen Sigma Oval St 145/160 verwendet, die nach heutigem Kenntnisstand als spannungsrisskorrosionsgefährdet gelten. Eine Nachrechnung gemäß Handlungsanweisung Spannungsrisskorrosion im Jahr 2013 ergab, dass bei 13 der 15 Lamellen keine Vorankündigung des Versagens bei Ausfall der Spannbewehrung nachgewiesen werden konnte.
Da bei einem Ausfall der Spannbewehrung bis zur Rißbildung und damit bis zur Ankündigung weder die Biege- noch die Querkrafttragfähigkeit mit der verbleibenden Bewehrung nachgewiesen werden konnte, musste ein Verstärkungskonzept sowohl für die Ertüchtigung der Biege- als auch der Querkrafttragfähigkeit erarbeitet werden. Dazu wurde eine Verstärkung mittels Verbundankerschrauben, sog. Betonschrauben, erarbeitet. Die Defizite der Biegebewehrung wurden durch die Verwendung von Gewindestäben aus hochfestem Stahl ausgeglichen, welche in einer zusätzlichen Lage Spritzbeton an der Deckenunterseite angebracht wurden. Zur Verstärkung der Querkraftfähigkeit wurde bis zu 3,20 m lange Betonschrauben in die Bestandsdecke als nachträgliche Querkraftbewehrung eingebohrt. Insgesamt wurden knapp 8000 Betonschrauben verbaut. Mit diesem System war eine Installation ausschließlich von der Tragwerksunterseite und in einzelnen Abschnitten im Tunnel möglich, wodurch durch ein Umlegen von einzelnen Spuren der Verkehr während der Maßnahme stets aufrechterhalten werden konnte.
Auszug aus der Jury-Begründung:
Ein Großteil der Bauarbeiten konnte unter Aufrechterhaltung des Verkehrs durchgeführt werden. Dieses auf den ersten Blick eher unspektakulär wirkende Projekt ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie mit Hilfe ingenieurwissenschaftlichen Sachverstands unter Verwendung ganzheitlicher und innovativer Lösungen die Tragfähigkeit von „in die Jahre gekommenen“ Ingenieurbauwerken für weitere Jahrzehnte der Nutzung sichergestellt werden kann. Diese Herangehensweise leistet einen nachhaltigen Beitrag zur Ressourceneffizienz im Bauwesen.